Für Händler, Lieferanten und andere Dienstleister wird die Chargenrückverfolgung immer wichtiger. Track and Trace – die Sendungsverfolgung – bringt Transparenz in die Lieferkette. Moderne ERP-Systeme mit Warenwirtschaftssystem ermöglichen es Unternehmen, zielgenaue Rückrufe einzelner Produkte oder Rückrufaktionen ganzer Chargen zu veranlassen. So können sie Produkte schnell und einfach vom Markt nehmen.
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Die gestörte Versorgungslage bei bestimmten Produkten während der Corona-Pandemie hat das Thema Lieferkette stark in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Nachverfolgbare Produktions- und Fertigungsprozesse sowie die intelligente Verwaltung von Bestellungen bis hin zum Endprodukt sind in den Unternehmen jedoch schon seit geraumer Zeit ein großes Thema. Und das nicht nur bei Qualitätsproblemen: Längst sorgen gesetzliche Rahmenbedingungen dafür, dass die sogenannte Chargenrückverfolgung für Unternehmen zur unbedingten Pflichtaufgabe geworden ist. Kerngedanke der lückenlosen Chargenrückverfolgung ist es, die Transparenz der Lieferketten zu gewährleisten.
Rückverfolgbarkeit
Verdorbene Lebensmittel. Verunreinigte Medikamente. Kontaminiertes Kinderspielzeug. Aller Qualitäts- und Sicherheitsstandards zum Trotz sind Unternehmen immer wieder gezwungen, Produkte wegen Mängeln oder aus anderen Gründen zurückzurufen oder vom Markt zu nehmen. Folglich sind Betriebe gut beraten, sich auf derartige Szenarien vorzubereiten und die Sendungsverfolgung der Produkte aktiv anzugehen.
Die Rückverfolgbarkeit (Track & Trace) bildet in vielen Branchen die Grundlage, um Sicherheits- und Qualitätsstandards einzuhalten. Was Traceability – so der englischsprachige Fachbegriff – für Unternehmen aus verschiedenen Branchen in der Praxis bedeutet, kann sich geringfügig voneinander unterscheiden. Grundsätzlich versteht man darunter jedoch im produzierenden Gewerbe „alle erforderlichen Informationen wie Herstellernamen, Lieferanten und Zwischenhändler lückenlos zu dokumentieren, sodass diese in sämtlichen Prozessen nachverfolgt werden können. Die Rückverfolgung ist durchaus umfassend angelegt. Sie reicht von der Rohstoff- und Teilebeschaffung über maschinelle Bearbeitungen, Montagearbeiten bis hin zum Vertrieb und Verkauf. Im Resultat ergibt sich so eine nachvollziehbare Produkthistorie, die den Anforderungen aus der internationalen Qualitätsmanagement-Norm ISO 9001 genügt.
Für die Unternehmen ist die Rückverfolgung nicht nur eine Verpflichtung, sondern auch ein mächtiges Werkzeug. Die Rückverfolgung von Produkten und ganzen Chargen ist durchaus eine anspruchsvolle Aufgabe, denn: Vielfach umspannen Lieferketten heute den gesamten Globus. Moderne ERP-Systeme ermöglichen es, diese Informationen zu erheben und in Echtzeit abzubilden. Die Anforderungen bei der Rückverfolgung unterscheiden sich in zwei große Bereiche:
- Downstream-Tracing
- Upstream-Tracing
Beim Downstream-Tracing werden einzelne Chargen oder einzelne Produkte gekennzeichnet. Während der gesamten Wertschöpfungs- und Lieferkette weiß der Erzeuger so genau, wo seine Produkte gerade sind. Häufig werden diese Informationen genutzt, um Produkte bei Qualitätsmängeln gezielt zurückzurufen oder Produkthaftungsansprüchen vorzubeugen.
Das Upstream-Tracing fokussiert sich auf die Rückverfolgbarkeit des Produkts zum Hersteller. Ziel ist es dabei, Ursachen und Verursacher eines Produktmangels festzustellen. Eingesetzt wird das Upstream-Tracing zum Beispiel in der Lebensmittelbranche aus Gründen der Herkunftskennzeichnung und um mögliche Schädigungen von Verbrauchern abzuwenden.
Chargenpflicht
Auch wenn die Chargenrückverfolgung ein sinnvolles Instrument ist: So ganz auf die Einsicht der Unternehmen für eine freiwillige Einführung entsprechender Systeme wollte der Gesetzgeber dann doch nicht vertrauen. Aus dem Produktsicherheitsgesetz folgt eine Chargenpflicht, die den Erzeugern die Verantwortung auferlegt, Produkten „eindeutige Kennzeichnungen zur Identifikation des Verbraucherprodukts anzubringen“. Vereinfacht gesagt ist es darüber hinaus die Aufgabe der Hersteller, den Kunden alle Hinweise an die Hand zu geben, um Risiken im Umgang mit dem Produkt zu erkennen, beurteilen und sich schützen zu können.
In bestimmten Produktbereichen ist die Chargenrückverfolgung sogar eine Pflicht für die Unternehmen und vorgeschrieben. Chargenpflichtig sind beispielsweise die meisten Produkte der Pharmaindustrie und des Lebensmittelhandels. Auch technische Produkte oder Baustoffe müssen eindeutig zu identifizieren und lückenlos rückverfolgbar sein. Für die Sicherheit der Produkte ist die Chargenpflicht von großer Bedeutung.
Bei Medizinprodukten, Medikamenten oder Waren der Lebensmittelwirtschaft sind Zutaten und Inhaltsstoffe so eindeutig nachzuvollziehen. Die Angaben auf der Verpackung wie zum Beispiel das Mindesthaltbarkeitsdatum werden durch die Chargenpflicht um weitere qualifizierte Informationen zu den verwendeten Rohstoffen ergänzt, die bei der Identifikation einzelner Chargen hilfreich sein können. Hinzu kommt, dass weitere Informationen über dokumentierte Stammdaten für die Unternehmen eindeutig zu recherchieren sind.
In der Praxis resultieren aus der Chargenpflicht zahlreiche Vorteile, die weit über die Qualitätssicherung hinausgehen. So ermöglicht die Chargenrückverfolgung beispielsweise, dass Kunden bei Nachlieferungen Produkte aus der gleichen Lieferantencharge erhalten. Anhand der jeweiligen Charge lässt sich nachvollziehen, woher verwendete Produktbestandteile stammen und welche Rohstoffe verwendet wurden.
Chargennummer
Damit das Tracing lückenlos gewährleistet werden kann, nutzen Unternehmen sogenannte Chargennummern. Das bedeutet: Eine eindeutige Chargennummer dient als Grundlage für ein effizientes Chargenverwaltungssystem. Eine Charge bezeichnet demzufolge die bestimmte Menge eines Artikels und wird im Warenwirtschaftsmodul eines ERP-Systems unter einer eindeutigen Identifikationsnummer gespeichert. Alle Artikel einer Charge weisen damit identische Eigenschaften auf und wurden unter gleichen Bedingungen produziert, hergestellt sowie verpackt.
Der Hintergrund: Im Produktionsalltag von Unternehmen kann es dazu kommen, dass trotz der Verwendung gleicher Materialien die Endprodukte voneinander abweichen. Über Informationen wie Chargennummer, Artikelnummer und andere Kennzeichnungen wie Sendungsnummern oder Seriennummern lassen sich Abweichungen schnell auf bestimmte Chargen oder einzelne Artikel eingrenzen. Zum Einsatz kommt dabei moderne Technologie: Über Etiketten, die per RFID-Chip oder mithilfe von Barcodes automatisch ausgelesen werden, lassen sich Inhaltsstoffe bereits beim Wareneingang einer Charge zuordnen oder Endprodukte mit Seriennummern eindeutig kennzeichnen.
Wirtschaftlichkeit
Dass die Einhaltung einer gesetzlichen Vorgabe auch wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt, ist nicht unbedingt der Normalfall im Alltag von Unternehmen. Bei der Chargenrückverfolgung ist dies jedoch der Fall. Wissenschaftliche Studien haben wiederholt aufgezeigt, dass die digitale Warenwirtschaft mit Chargenverwaltung im Fall von Produktmängeln Vorteile im Kunden-Lieferanten-Verhältnis bietet.
Nachvollziehbare Warenbewegungen erlauben es, schnell gezielte Korrekturmaßnahmen einzuleiten. Das Spektrum reicht dabei von einem kompletten Auslieferungsstopp bis zum präzisen Rückruf einzelner Chargen. Hinzu kommt die Möglichkeit, Kunden frühzeitig und gezielt über Unregelmäßigkeiten zu informieren. In der Praxis sorgt die lückenlose Chargendokumentation dafür, dass Fehlerursachen schnell aufgespürt werden können. Gleichzeitig kann es gelingen, Schadenersatzforderungen abzuwehren und möglichen Imageverlusten vorzubeugen.
Die Chargenrückverfolgung ermöglicht es weiterhin, mögliche Fehlerursachen aufzuspüren, entsprechende Fehler in Zukunft zu vermeiden und Verbesserungsprozesse einzuleiten. Zudem vereinfacht der Einsatz von ERP-Systemen mit Warenwirtschaftsmodul und Chargenrückverfolgung interne Prozesse bei der Produktion, Lagerhaltung und Inventur.
Richtig genutzt, kann die Chargenrückverfolgung auch als Kundenbindungsinstrument betrachtet werden, weil sich Kundenwünsche auf Grundlage der Daten schneller und gezielter erfüllen lassen. Gleichzeitig bietet sich die Möglichkeit, für mehr Transparenz zu sorgen. Herkunftsnachweise und Details zur Lieferkette können Verbrauchern über QR-Codes auf der Produktverpackung zugänglich gemacht werden.
ERP-System
Die effiziente Verwaltung von Chargennummern und die qualifizierte Chargenrückverfolgung ist Aufgabe eines leistungsfähigen ERP-Systems. Mithilfe des Warenwirtschaftsmoduls von Haufe X360 gelingt es, gesetzlichen Pflichten nachzukommen und Transparenz in die Chargenrückverfolgung zu bringen.
Die intelligente Steuerung der Materialwirtschaft optimiert die gesamte Wertschöpfungskette, überwacht die Lieferkette und vermerkt alle relevanten Informationen für die Chargenrückverfolgung automatisch auf Dokumenten und Lieferscheinen.