ERP-Customizing

Aktualisiert: 06. September 2022

7 min.

Haufe Redaktion Mittelstand Cloud ERP

Die Digitalisierung der Unternehmensprozesse bis zur Industrie 4.0 bringen ein hohes Maß an Veränderungen mit sich. Ständig neue Marktanforderungen sorgen für einen hohen wirtschaftlichen Druck. Moderne ERP-Systeme erhöhen Effizienz und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig bietet individuelles ERP-Customizing die Möglichkeit, Optimierungen der Unternehmensprozesse vorzunehmen.

Customizing ERP-System

Erfolgreiche Unternehmen finden im harten Wettbewerb eigene Strategien, um Änderungsdynamiken oder Marktveränderungen wirkungsvoll zu begegnen. Fest steht: Prozessänderungen, zunehmende Digitalisierung und Produktionsbedingungen nach dem Industrie-4.0-Prinzip erhöhen die Dynamik. In der Folge steigt nicht nur die Notwendigkeit nach digitaler Unterstützung durch ERP-Systeme, sondern auch die Erfordernis, derartige Systeme optimal anzupassen – das sogenannte Customizing.

Das Thema Customizing ist in der Industrie nicht neu. Allgemein ist mit dem Begriff Customizing die Anpassung von Serienprodukten an individuelle Anforderungen oder Bedürfnisse gemeint. Das gilt für Anlagen und Maschinen ebenso wie für moderne Software-Lösungen. Folglich sind innovative ERP-Systeme von vornherein so aufgebaut, dass Customizing – und damit die passgenaue Abstimmung auf die individuellen Anforderungen – möglich ist. Vereinfacht gesagt, bedeutet Customizing für ERP-Systeme so viel wie Individualisierung oder Personalisierung. Aus Sicht der Kunden ist also entscheidend wie eine ERP-Software als Standardversion beschaffen ist und welche Spielräume für Anpassungen bestehen.

Individualsoftware

Individualsoftware – Standardsoftware – Branchenlösung – oder eine Kombination? Die Suche nach einem passgenauen ERP-System ist für Unternehmen keine leichte Entscheidung. Um es vorwegzunehmen: Der Siegeszug der Standardsoftware ist nicht aufzuhalten. Standardlösungen sind bei der Modernisierung der betrieblichen Abläufe nahezu ideal, denn: mit individuellen Anpassungen lassen sich betriebliche Abläufe vollumfänglich digitalisieren – und zwar so, dass sich die Ergebnisse nur unwesentlich von einer Individuallösung unterscheiden.

Vor diesem Hintergrund überzeugen angepasste Standardlösungen mit einem spezifischen Funktionsumfang, der dem Kundenwunsch nach Individualisierung nachkommt. Mit Blick auf die Kosten zeigen sich die Vorteile der Standardlösung. Entsprechende Lösungen lassen sich deutlich günstiger und schneller darstellen als Individuallösungen. Im Grunde ist das wenig verwunderlich. Immerhin sind Individuallösungen mit hohem Aufwand verbunden. Schließlich wird der erforderliche ERP-Code individuell erstellt, sodass sich der Aufwand in der Praxis meist nur für Großunternehmen rechnet. Selbst Fortschritte in der Softwaretechnik ändern an diesem Umstand nichts.

Im Prinzip stellen Branchenlösungen einen Mittelweg zwischen Individuallösung und Standardlösung dar. Als Unternehmenssoftware zeichnen sie sich durch eine spezifische Charakteristik aus. Das kann den Customizing-Aufwand deutlich reduzieren. Deckt sich der Anforderungskatalog eines Unternehmens mit dem Leistungsangebot der ERP-Software, dann können Branchenlösungen Vorteile bieten. Grundsätzlich lässt sich das allerdings nur im Einzelfall beurteilen.

Anpassung

Mit Ausnahme der kostspieligen Individuallösungen lehrt die Praxis: Individuelle Konfigurationen einer ERP-Software sind die Regel. Dank der Komplexität der Software ist es möglich, Variationen und Modifikationen vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund lässt sich festhalten: Gewünschte Funktionalitäten, die in der Basisversion der Software nicht erhalten sind, lassen sich in aller Regel flexibel bei den jeweiligen Produkten nachrüsten. Unterschiede gibt es lediglich beim Aufwand, um den Individualisierungsgrad langfristig und zuverlässig zu erhöhen.

Drei Methoden haben sich dazu bewährt:

  • Customizing
  • Coding
  • Add-ons

Customizing

Beim Customizing verbleibt eine ERP-Software im Standard. Individuell angepasst werden jedoch die Parametereinstellungen. Diese sind in der Software bereits vorgegeben, der Quellcode bleibt unangetastet. Ein Eingriff in den Code des ERP-Systems würde als Modifikation bezeichnet und erfolgt beim Customizing ausdrücklich nicht. Was einfach klingt, ist durchaus ein komplexer Vorgang. Moderne ERP-Systeme lassen es zu, dass unzählige Parameter individuell justiert werden. Prozesse, Formulare, Logistik bis hin zur Benutzeroberfläche werden passgenau an die eigene Arbeitsweise angepasst.

Beispiele dafür sind:

  • Organisationsstruktur
    Angepasst wird die analoge Unternehmensstruktur (Standorte, Niederlassungen) auf digitaler Ebene. Berücksichtigt werden dabei sämtliche Bereiche (Einkauf, Produktion, Lager, Vertrieb u. a.).
  • Prozesse
    Dargestellt werden in der ERP-Software auch die Prozesse des Unternehmens – darin eingeschlossen sind Workflows und Abläufe, die abteilungsübergreifend angelegt sind. Diese Bereiche werden in der ERP-Software individuell berücksichtigt.
  • Schnittstellen
    Von elementarer Bedeutung ist auch die externe Anbindung. Über Schnittstellen erfolgt ein reibungsloser Datenaustausch mit Partnern, Zulieferern oder Logistikunternehmen. Über eine dezidierte Rechtevergabe erhalten diese Gruppen Zugang zum System. Gleiches gilt für Steuerberatung oder Finanzamt.
  • Benutzeroberfläche
    Das GUI eines ERP-Systems ist weitgehend frei zu modifizieren. Personalisierte Dachboards ermöglichen den schnellen Einblick in relevante Unternehmensabläufe und Prozesse – jeweils aufbereitet für die Anforderungen des einzelnen Nutzers. Viele weitere Darstellungen lassen sich ebenfalls anpassen. Nicht benötigte Funktionen werden ausgeblendet.
  • Formulare
    Elemente der eigenen Corporate Identity wie Briefbögen sind im System eingepflegt. Dokumente wie Rechnungen werden automatisch erstellt, formatiert und verschickt.
  • Rechtevergabe
    Eine fein justierte Vergabe von Zugriffsrechten schützt das ERP-System vor unbefugtem Zugriff. Individuell unterschieden wird beispielsweise in Lese- und Schreibrechte – abgestuft nach Teams oder einzelnen Personen.
  • Länderspezifikationen
    Berücksichtigt werden beim Customizing auch länderspezifische Erfordernisse wie beispielsweise abweichende gesetzliche Grundlagen. Unterschiedliche Sprachen und Währungen werden im ERP-System entsprechend abgebildet.


Customizing der eigenen ERP-Software ist vor allem für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sinnvoll und wirtschaftlich. Unterschiede sind allenfalls beim Grad des Customizings zu beobachten. In diesem Punkt unterscheiden sich auch die ERP-Lösungen, die der Markt den Unternehmen bereitstellt. Deswegen sind Interessenten gut beraten, bereits im Vorfeld darauf zu achten, dass individuelle Anpassungswünsche auch abgebildet werden können.

Bei der ERP-Auswahl sollten Sie deswegen auf die folgenden Punkte achten:

  • Update-Fähigkeit
    Sorgt der Anbieter trotz individueller Anpassungen für regelmäßige Updates? In der Praxis ist ein schneller Service ein echter Wettbewerbsvorteil.
  • Anpassungen
    ERP-Systeme mit vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten wachsen mit dem Unternehmen und verursachen keine exorbitanten Kosten während Ihrer Expansion.
  • Funktionen & Lizenzen
    Unternehmen und Märkte verändern sich. Ihr ERP-System sollte dem Wandel gewachsen sein. Das System sollte auf entsprechende Customizing-Maßnahmen in der Zukunft vorbereitet und nicht schon bei der Inbetriebnahme ausgereizt sein. Die Integration neuer Mitarbeiter und Funktionen sollte jederzeit möglich sein.


Coding

Alternative zum Customizing ist das Coding – die individuelle Programmierung. Mit dem Schreiben eines neuen Codes oder Anpassungsprogrammierungen – also Anpassungen am Quellcode – ist nahezu alles möglich. Der Vorteil: Kunden erhalten ein maßgeschneidertes und individuelles System. Nachteil sind die Kosten. Zudem sind entsprechende Entwicklungen teuer. Gleiches gilt für die Expertise des Programmierers. Auch das kostet Geld und darüber hinaus sind erfahrene Spezialisten am Markt nur schwerlich zu verpflichten.

Add-ons

Um Anpassungen an einer ERP-Software vorzunehmen und Funktionen zu integrieren, besteht die Möglichkeit, auf sogenannte Add-ons zurückzugreifen. Add-ons sind kleine Softwarekomponenten, die Standardsysteme erweitern. Die Integration derartiger Module kann zusammen mit der ERP-Einführung erfolgen oder nachgerüstet werden.

Die smarte ERP-Erweiterung ergibt Sinn. Sie spart vor allem eins: Kosten. Der Zugriff auf fertige Softwarekomponenten ist günstig und erweitert ERP-Systeme um dringend benötigte Features. Vor allem ERP-Systeme, die in der Cloud arbeiten, profitieren von einer unkomplizierten Integration zusätzlicher Funktionen. Entsprechende Module erweitern nicht nur den Umfang, sondern ermöglichen es anderen Anbietern, Software-as-a-Service-Modelle (SaaS) zu etablieren, von denen Kunden nachhaltig profitieren können.

Risiken

Vorteile treffen auf Nachteile: Wo Chancen liegen, lauern auch Risiken. Grundsätzlich sollten ERP-Lösungen anpassbar sein. Für die Realisierung der eigenen Bedürfnisse und Wünsche gibt es in aller Regel immer mehrere Möglichkeiten. Wenn Unternehmen Wert darauflegen, dass ihr ERP passgenau und funktionell ist, gleichzeitig aber nicht zu teuer wird, ist Aufmerksamkeit gefragt.

Vertrauen ist die Währung auf der tragfähige ERP-Lösungen entstehen. Nicht umsonst setzen viele Unternehmen auf das Customizing von StandardversionenBei Updates und Versionswechseln bietet das ein Höchstmaß an Sicherheit. Hinzu kommt, dass der Kern der ERP-Software bewährt ist und in ähnlichen Konfigurationen ohne Komplikationen läuft.

Verknüpfungen über Schnittstellen zählen zum Standard. Grundsätzlich ist aber zu berücksichtigen: Je höher der Individualisierungsgrad ausfällt, desto größer sind die Risiken. Add-ons bieten interessante Optionen, um ERP-Lösungen anzupassen. Vor allem bei Cloud-basierten Lösungen sorgen externe Anbieter für interessante Möglichkeiten.

Eine Individualsoftware ist teuer, da sie exakt für das beauftragende Unternehmen geschrieben wird. Das erfordert ein Höchstmaß an Expertise und reichlich Erfahrung. Außerdem sind Programmierer gefragte Fachkräfte. In der Praxis sorgt dieser Umstand häufig für kostspielige Verzögerungen. Interessierte Unternehmen sollten diesen Fakt in ihre Überlegungen einbeziehen. Das gilt insbesondere für Wartungen, Störungen oder Updates der ERP-Software.

Cloud-ERP-System und ERP-Module von Haufe X360

Das Cloud-ERP Haufe X360 kombiniert klassische ERP-Kernfunktionen wie Einkauf, Lagermanagement oder Finanzbuchhaltung mit branchenspezifischen und schnittstellenbasierten Erweiterungen. Entsprechende Add-ons erweitern die Leistungsfähigkeit des ERP-Moduls um Funktionen wie HR, Logistik oder E-Commerce.

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