• Es gibt keine Vorschläge, da das Suchfeld leer ist.

Die USA sind Deutschland in Sachen Digitalisierung und Technologie um Jahre voraus. Was können deutsche KMU vom Vorreiter lernen? Im Auftakt der Expertenreihe „Globale Tech Trends im Mittelstand“ berichtet Ajoy Krishnamoorthy, Chief Strategy Officer von Acumatica, warum Cloud-Technologie in den USA Mainstream ist. Und warum sich kleine und mittlere Unternehmen in Sachen Cloud nicht selbst im Weg stehen sollten.

Im deutschen Mittelstand gelten künstliche Intelligenz, Big Data und maschinelles Lernen noch als Buzzwords. In den USA profitieren kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bereits seit Jahren von den Vorteilen modernster Technologien. Ein Softwareanbieter, der diesen Trend in den USA beschleunigt, ist Acumatica. Für seine innovative und auf Skalierung ausgerichtete ERP-Technologie wurde Acumatica bereits mehrfach ausgezeichnet. Sie gilt laut Gartner als Speerspitze moderner ERP-Plattformen.

Im Interview verrät Ajoy Krishnamoorthy, Chief Strategy Officer & Executive Vice President of Products of Acumatica, warum es sich KMU nicht leisten können, den Siegeszug von Cloud-Technologien zu ignorieren.

Haufe X360: Bereits über 6.000 kleine und mittlere Unternehmen vertrauen auf die global gesehen am schnellsten wachsende Cloud-ERP-Plattform aus den USA. Der Trend geht seit Jahren aufwärts. Woher kommt diese hohe Cloud-Akzeptanz?

In den USA ist Cloud-Technologie seit Jahren Mainstream. In den letzten drei bis vier Jahren mussten wir bei Acumatica nur selten einen KMU-Kunden davon überzeugen, warum die Nutzung der Cloud wichtig für den Geschäftserfolg ist. Sicher liegt dieser Siegeszug der Cloud an der Dynamik der US-amerikanischen Märkte, die auch kleine und mittlere Unternehmen und ihre Branchen betreffen. Sowohl im Einzelhandel als auch in der Baubranche treten viele neue Wettbewerber in den Markt und nutzen Technologien wie E-Commerce, mobile Services, künstliche Intelligenz und Maschine Learning zu ihrem Vorteil. Das setzt traditionelle Unternehmen zunehmend unter Druck und sie wählen Cloud-Technologien, um mit diesen Entwicklungen mithalten zu können.

Begünstigend wirkt, dass die Eintrittsbarrieren für neue Technologien in den letzten 5 bis 10 Jahren enorm gesunken sind: Wollte man früher ein neues Unternehmen gründen, musste man viel Geld in Hardware, Infrastruktur und Wartungsressourcen investieren. Heute können Unternehmen in wenigen Minuten mit Cloud-Instanzen loslegen.

Auch waren früher datengetriebene Geschäftsmodelle, Automatisierung und der Einsatz von KI kostenintensiv und nur Großkonzernen vorbehalten. Heute bieten Cloud-Plattformen dank ihrer günstigen Einführung, der Skalierbarkeit und ihren schnellen Deployment- und Innovationszyklen auch kleinen und mittleren Unternehmen mit wenig IT-Knowhow und -Ressourcen die Möglichkeit, ihre Geschäftsmodelle zu innovieren und Mehrwertservices für Kund:innen anzubieten. Daher sehen wir in den USA seit Jahren – und auch ganz aktuell – eine hohe Bereitschaft unter KMU, in die digitale Transformation zu investieren.

Haufe X360: Welche Faktoren nimmst du unter US-amerikanischen KMU als Cloud-Treiber wahr?

Es setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Investition in Technologie kein Übel ist, sondern über den Wettbewerb entscheidet. Haupttreiber in die Cloud sind daher die Kundenerwartungen und der Mehrwert, den Cloud-Services bieten: Kund:innen schätzen mobile Erlebnisse und wollen jederzeit Zugriff auf Daten haben. In den USA verlassen sich die Menschen schon seit mehr als fünf Jahren auf KI und ML, etwa bei den automatischen Kaufvorschlägen von Amazon. Jedes Unternehmen in jeder Branche hat das Ziel, der beste Anbieter eines Produkts oder einer Dienstleistung für ihren Kundschaft zu sein. Und muss daher mit diesen Anforderungen mithalten.

Doch auch der interne Druck zwingt Unternehmen zur Modernisierung: Eine neue Generation von Arbeitnehmenden verlangt auch am Arbeitsplatz nach der gleichen modernen Technologie, die sie aus dem Privatleben kennen: Sie erwarten mobile Dienste, den orts- und zeitunabhängigen Zugang zu Daten und vernetzte, interoperable Systeme. Doch diese täglichen Konsum-Erfahrungen prallen auf die Realität der alten Welt am Arbeitsplatz.

Denn in vielen Unternehmen werden Geschäftsprozesse noch manuell und in veralteten Systemen durchgeführt. Es gibt Stapel voller Papiere, die Mitarbeitende den ganzen Tag über manuell bearbeiten müssen. Die Systeme interagieren nicht miteinander, sodass Mitarbeitende die Daten mittels Excellisten aufwändig zwischen den Systemen übertragen müssen. Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht! In diesem Aspekt sind Unternehmen oft noch rückständig und weniger versiert im Umgang mit digitalen Werkzeugen und Anwendungen als ihre Kunden und Mitarbeitenden.

Haufe X360: Du sagst, Cloud sei in den USA Mainstream. Gibt es aus deiner Sicht immer noch Hürden, die den Wechsel in die Cloud verhindern?

Aus meiner Sicht gibt es heutzutage für KMU keinen Grund, Cloud Computing abzulehnen: Natürlich können sie über VPN auf entfernte Systeme zugreifen, sich bei den Servern anmelden und teure Dienstleister dafür bezahlen, ihre veralteten Systeme anzupassen. Aber warum sollten sie diese Unannehmlichkeiten akzeptieren, wenn es bessere, effizientere und weniger komplizierte Möglichkeiten gibt?

Echte Cloud-Lösungen werden auf riesigen Servern von großen Cloud-Computing-Unternehmen wie AWS, Microsoft Azure, Google und anderen gehostet. Diese verfügen über Tausende von Infrastrukturspezialisten und investieren Milliarden von Dollar in Forschung und Entwicklung, um Infrastrukturen zu optimieren und zu sichern. Warum sollte man das nicht ausnutzen? Viel zu lange standen sich kleine und mittlere Unternehmen selbst im Weg. Unternehmen sollten sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und in Sachen IT auf die Expertise von Spezialisten vertrauen, anstatt sich selbst im Aufbau von IT-Infrastrukturen und deren Wartung zu verlieren. Mein Rat: Nutzt die Expertise von Cloud-Partnern, ehe es eure Konkurrenz tut.

Haufe X360: Acumatica investiert viel in die Erforschung von neuen Technologien wie Sprachsteuerung, künstlicher Intelligenz, Drohnen oder HoloLens. Von welchen Technologietrends profitieren KMU in den USA bereits heute? Und welche Trends werden aus deiner Sicht für KMU immer wichtiger werden?

Eine breite Palette von KI- und Maschine-Learning-Komponenten steht unseren Cloud-ERP-Kunden weltweit bereits zur Verfügung: Von der Routenoptimierung im Außendienst über die Priorisierung von Verkaufschancen im Kundenmanagement bis hin zu Einkaufsvorschlägen, OCR-Schnittstellen im Rechnungswesen oder der kontextbezogenen Suche im gesamten System. Auch in Zukunft werden maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz im Unternehmensalltag noch viel wichtiger, denn sie helfen Fehler zu korrigieren und aufwändige Analyseprozesse von Stunden auf Minuten zu reduzieren.

Darüber hinaus werden Internet of Things und Sensoren immer wichtiger. Es wird so viele Sensoren geben, dass sie sich nicht nur in verschiedenen Branchen durchsetzen, sondern auch uns Verbraucher bei der Heimautomatisierung dominieren werden. Wir sehen so viele Möglichkeiten, um mit dieser Technologie Mehrwert zu schaffen, etwa bei der Wartung von Geräten, den Frühwarnungen oder bei der Vernetzung von Produktionsprozessen. Wir arbeiten sogar mit einem Kunden in der Landwirtschaft zusammen, der mittels Sensoren die Feuchtigkeit des Bodens und den Düngemittelstand erkennen kann und diese Informationen nutzt, um zu entscheiden, ob sie mehr in Düngemittel investieren müssen, um den Boden gesund zu halten.

Und ganz grundlegend wird die Zukunft des Vertriebs, des Lagermanagements und der Produktion automatisiert sein. Automatisierungstechnologien wie z.B. Robotic Process Automation (RPA) ermöglichen die Automatisierung von Standardgeschäftsprozessen durch Software-Roboter, ohne dass kostspielige Entwicklungsprojekte zur Implementierung erforderlich sind. Dabei spielt ein cloud-basiertes ERP-System, das neue Technologien, Services und Anwendungen integrieren kann, eine große Rolle bei der Nutzung der Automatisierung in verschiedenen Branchen.

Haufe X360: Was rätst du hiesigen kleinen und mittleren Unternehmen, die noch immer zögerlich sind, ob sich der Wechsel zu Cloud-Lösungen für sie wirklich lohnt?

Wagen Sie den Wechsel! Das Beängstigende ist nicht, dass man seine Prozesse in die Cloud verlagert, sondern dass man noch immer darüber nachdenkt! Die Corona-Krise hat uns branchenübergreifend gelehrt, wie schnell Wandel stattfinden kann: Zwölf Jahre digitaler Wandel sind in zwölf Monaten passiert! Wir können diese Entscheidung treffen und schnell und agil sein, ohne alles zu überanalysieren oder in Bedenken zu verharren. Lasst uns diese Fähigkeit zum pragmatischen Wandel nicht verlieren, sondern nehmen wir diese Erfahrungen als Beispiel für die Zukunft. Technologie mag aus der Ferne beängstigend wirken, aber wir sollten sie als Vorteil sehen und sie aus den richtigen Gründen nutzen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen beginnen, diese Vorteile zu erkennen, und das ist der richtige Weg!

Haufe X360: Vielen Dank für die Einblicke und die motivierenden Worte!