Trotz Krise zahlungsfähig bleiben und Liquidität verbessern

Aktualisiert: 28. Oktober 2020

5 min.

Haufe Redaktion Cloud ERP Mittelstand

Die angekündigte Insolvenzwelle steht zwar noch aus, hängt aber als dunkle Wolke über den aktuellen Entwicklungen. Sie erinnert Unternehmer daran, die eigene Situation und Finanzlage genauer zu betrachten und mit den aktuellen Konditionen zu bewerten. Hier finden Sie Tipps, wie Sie aktuell Ihre Liquidität sichern können und Insolvenzrisiken erkennen.

Die Corona-Krise bedroht die Existenz von Betrieben. Das Risiko von Insolvenzen kann aber minimiert werden, wenn Unternehmer rechtzeitig handeln und die richtigen Maßnahmen einleiten. Dann bestehen gute Chancen ohne existenzbedrohliche Szenarien durch die Krise zu kommen.

Vorgehen bei kritischer Liquidität: Prüfen Sie Optionen für staatliche Hilfen:

Brechen Aufträge weg und Kunden bleiben fern, geraten Unternehmen schneller in eine kritische finanzielle Situation. Der Staat, bzw. Bund und Länder haben gemeinsam Instrumente bereitgestellt, mit denen in Schieflage geratene Unternehmen gefördert werden können.

1. Überbrückungshilfe II

Wenn Fixkosten gedeckt werden müssen, dann ist die Überbrückungshilfe aktuell (Stand 21. Oktober) eine Möglichkeit.

  • Die Fördermonate sind: September bis Dezember 2020
  • Anträge für diesen Zeitraum können ab sofort gestellt werden
  • Die Antragsfrist endet am 31. Dezember 2020

Es lohnt sich immer wieder von neuem die gerade aktuellen Fördermöglichkeiten für den jeweiligen Zeitraum anzusehen: Die Bedingungen ändern sich immer wieder und wurden beispielsweise schon bei der letzten Phase (I) verbessert.

Und: Unternehmen, die schon Zuschüsse erhielten und weiter oder erneut Umsatzrückgänge erleiden, können weitere Zuschüsse beantragen. Rückwirkend können jedoch keine Anträge gestellt werden. Die maximale Förderung ist mit 50.000 Euro pro Monat bzw. maximal 200.000 Euro für vier Monate gedeckelt.

Dabei gilt: Je stärker der Rückgang des Umsatzes, desto höher der Zuschuss für die Fixkosten.

Hier finden Sie Informationen darüber, wer förderfähig ist.

2. Kredite

Neben staatlichen Überbrückungshilfen bietet aber auch die KfW-Bank Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten Kredite an und trägt dabei bis zu 90 Prozent des Risikos für Investitionen und Betriebsmittel. Bis 31. Dezember 2020 kann ein solcher Kredit bei der Hausbank beantragt werden. Ausführliche Informationen zu den staatlichen Hilfen im Zuge der Corona-Krise erhalten Sie hier.

Tipp: Gerade auch bei den folgenden Kredit-Optionen wurden seit Beginn der Corona-Krise Vergabebedingungen bereits verbessert und durch beschleunigte Verfahren mit Hausbanken und erleichterten Zugangsbedingungen optimiert – die aktuellen Konditionen immer wieder anzusehen hilft. So steht das KfW-Sonderprogramm 2020 seit dem 23. März 2020 Unternehmen jeder Größenordnung zur Verfügung.

Dabei gibt es folgende zwei Varianten:

a) Für junge Unternehmen bis zu fünf Jahren gibt es den ERP-Gründerkredit Universell

Gefördert werden dabei beispielsweise:

  • Anschaffungen (Investitionen) u.a. Software wie ERP, Einrichtungen oder Maschinen
  • Laufende Kosten (Betriebsmittel), u. a. Mieten, Personalkosten etc.

Die Antragstellung geschieht über die Hausbank. Mehr Informationen zum ERP-Gründerkredit Universell.

b) Für ältere Unternehmen über fünf Jahre gibt es den KfW-Unternehmerkredit

Gefördert werden dabei beispielsweise:

  • Anschaffungen (Investitionen) wie u. a. Maschinen oder Lager und Material
  • wie auch Übernahmen und Beteiligungen wie u. a. Mieten, Personalkosten

c) Neben dem KfW-Sonderprogramm gibt es als Ergänzung auch den „KfW-Schnellkredit 2020“.

Unternehmen, die bis zum 31. Dezember 2019 nicht in Schwierigkeiten waren, können diesen Kredit beantragen (nachgewiesen wird dies beispielsweise durch die Unterlagen der letzten Jahresabschlüsse).

Es gelten dabei folgende Deckelungen:

  • 10 bis 50 Mitarbeiter max. Kreditsumme 500.000 Euro
  • über 50 Mitarbeiter max. Kreditsumme 800.000 Euro

Achtung: Der KfW-Schnellkredit kann nicht mit den anderen KfW-Krediten gleichzeitig beantragt werden.

3. Bei Bedarf Kurzarbeit beantragen

Das Kurzarbeitergeld ist eines der wichtigsten Instrumente und auch in dieser Krise wieder ein bewährtes Mittel, da in den meisten Unternehmen die Personalkosten die höchsten Kosten verursachen. In Deutschland kann es 12 Monate gezahlt werden und in Ausnahmefällen sogar 21. Die Agentur für Arbeit fängt die reduzierte Arbeitszeit teilweise auf und kompensiert dadurch auch mögliche Kündigungen.

Voraussetzungen: Das Kurzarbeitergeld ist allerdings an Kriterien gebunden – hier lesen Sie wie Sie vorgehen.

Maßnahmen innerhalb Ihres Betriebes: Mit diesen Tipps verbessern Sie Ihre Liquidität

Weitere Möglichkeiten sind eigene Maßnahmen. Auch wenn einige banal klingen mögen, häufig helfen schon kleine Tipps dabei in kurzer Zeit die Situation zu verbessern. Wenn die Zeit aber zu knapp ist, sollte nicht gezögert werden und von außen Hilfe in Anspruch genommen werden.

Tipp1: Mit diesen Kennzahlen und Indizien erkennen Sie ein Insolvenzrisiko:

  • Ist der Umsatz zum Vorjahr beziehungsweise zum Vorjahresmonat rückläufig?
  • Stellen Sie für Produkte einen Preisverfall fest?
  • Sinkt die Rendite und schrumpft das Eigenkapital – bzw. inwiefern hat sich das Verhältnis geändert?
  • Haben Sie Zahlungsverzögerungen durch Kunden?
  • Das Formular EÜR: Wenn Sie als Einnahmen-Überschuss-Rechner beim Ausfüllen des Formulars für das Finanzamt ein Übergewicht der Ausgaben gegenüber den Einnahmen feststellen, sollten Sie rasch gegensteuern.

Tipp 2: Verhandeln Sie Zahlungsziele mit Lieferanten neu

Wenn es gelingt, sich mit Ihren Lieferanten auf längere Zahlungsziele zu einigen, dann schonen Sie auch Ihre eigene Liquidität. Vielleicht können Sie auch Skonti neu verhandeln oder zumindest die zeitlichen und prozentualen Konditionen dafür optimieren.

Achtung: Vermeiden Sie auch Zahlungsausfälle und Verzögerungen, da sonst der Liquiditätsengpass zusätzlich strapaziert würde. Dafür könnten Sie auch regelmäßig die Bonität Ihrer Kunden und Stammkunden prüfen.

Bitten Sie Kunden gegebenenfalls sogar um eine Selbstauskunft. Das kostet Sie nichts. Im Verdachtsfall können Sie auch Auskünfte bei Hoppenstedt oder Schufa einholen.

Und: Wenn Sie auf Rechnung verkaufen, gewähren Sie Ihren Kunden kostenlose Kredite! Dieses Geld fehlt in der Kasse. Sie müssen es bis zum Zahlungseingang entweder mit eigenen Mitteln oder durch Ausnutzung der Kreditlinie vorfinanzieren.

Tipp 3: Kapital aus Lagerbeständen abbauen und stille Reserven nutzen

Denken Sie auch an Kapital aus Lagerbeständen. Es ist oft überraschend, wie hoch sich die eigenen Bestände belaufen. Verkaufen sie überflüssiges Material. Bestände binden Kapital, erhöhen das Risiko zu verschwinden oder gestohlen zu werden. Auch können Sie veraltete Dinge oder Maschinen versuchen zu verkaufen, wenn sich daraus Vorteile ergeben könnten.

Tipp 4: Sharing-Modell bedenken: Vermieten auch für Anlagevermögen

Können Sie Räume vermieten, oder gemeinsam mit anderen Firmen Kosten oder Lager und Räume teilen und die Liquidität schonen, indem gemeinsam Güter genutzt werden? Die Gemeinde oder Wirtschaftsförderung sowie Institutionen wie Kammern oder Verbände könnten helfen.

Tipp 5: Umschuldungen bedenken

Sprechen Sie mit Ihrer Bank nicht nur über mögliche Kredite, sondern auch über die Möglichkeit, umzuschulden bzw. über einen anderen Kredit laufen zu lassen und welche weiteren Optionen bereitstehen. Dabei sparen Sie häufig Zinsen und erreichen mehr Liquidität.

Fazit: Überdenken Sie und handeln nicht vorschnell, weil Sie bei den Vorbereitungen der Maßnahmen unter Druck geraten. Vielleicht lassen sich einige Maßnahmen auch nach der Corona-Krise umsetzen und die Zeit gewinnen Sie durch eine Überbrückungshilfe. Versuchen Sie weiterhin in den weiteren Jahren einen Liquiditätsstock aufzubauen, der genügt, um die üblichen Zahlungsverpflichtungen von 2 Monaten zu stemmen, auch ohne Einnahmen.